Sonntag, 24. November 2013

Wenn es Nacht wird in Paris

TOUCHEZ PAS AU GRISBI (WENN ES NACHT WIRD IN PARIS)
Frankreich 1954
Regie: Jacques Becker
Darsteller: Jean Gabin (Max), René Dary (Riton), Lino Ventura (Angelo), Paul Frankeur (Pierrot), Michel Jourdan (Marco), Jeanne Moreau (Josy), Dora Doll (Lola), Marilyn Buferd (Betty)


Max und Riton, zwei gealterte Gangster und Freunde seit 20 Jahren, haben gerade das letzte, das ganz große Ding gedreht: In Orly erbeuteten sie Goldbarren im Wert von 50 Millionen (alten) Francs. Alles ging gut - niemand hat sie erkannt, niemand verdächtigt sie, das Gold ist sicher verstaut. Jetzt ist es an der Zeit, sich zur Ruhe zu setzen und einen bürgerlichen Lebensabend zu genießen. Doch natürlich kommt es anders. Der nicht sehr helle Riton verplappert sich gegenüber seiner Freundin, der Varietétänzerin Josy, ohne zu wissen, dass diese inzwischen genug von ihm hat und die neue Geliebte des Zuhälters und Drogenhändlers Angelo ist. Und der will nun den Kuchen für sich. Sein erster Versuch, Max und Riton durch seine Männer auszuschalten, scheitert, und die beiden sind nun gewarnt. Sie tauchen in der geheimen Zweitwohnung von Max unter. Max beabsichtigt, Angelo zu ignorieren, das Gold so schnell wie möglich bei seinem Onkel, einem Hehler, gegen Geld einzutauschen und dann endgültig abzutauchen. Doch der in seiner Ehre gekränkte Riton will sich an Josy rächen und wird dabei von Angelo geschnappt. Dieser setzt Max unter Druck: Ritons Leben im Austausch gegen das Gold. Mit Unterstützung des befreundeten Nachtclubbesitzers Pierrot und des jungen Kollegen Marco holt Max zum Gegenschlag aus. Beim Austausch von Gold gegen Geisel kommt es zum Showdown, der mit schwerem Gerät (Handgranaten und Maschinenpistolen) ausgetragen wird, und am Ende gibt es viele Tote, wenige Überlebende, und keinen Gewinner.

Nachtleben in Pigalle. Riton, Max, Marco (v.l.n.r.)
TOUCHEZ PAS AU GRISBI wurde zu einem Prototypen und herausragenden Beispiel des französischen Film noir und Kriminalfilms der 50er und 60er Jahre. An technischen Details des Verbrecherberufs zeigt er sich nicht interessiert. Einen minutiös geplanten und durchgeführten Einbruch oder Überfall, wie in RIFIFI oder mehrfach bei Jean-Pierre Melville, gibt es nicht zu sehen. Ganz im Gegenteil: Am Anfang des Films hat der Coup bereits stattgefunden, die Beute lagert scheinbar sicher im Kofferraum von Max' Auto in einer Tiefgarage. Umso mehr interessiert sich Jacques Becker für die Mechanismen von Freundschaft, Ehre und Verrat in der Gesellschaft der Gangster und Ganoven und die sich daraus ergebenden Zwänge und Rituale, und hier erweist sich TOUCHEZ PAS AU GRISBI dann doch als ein Vorläufer der Filme von Melville (der 11 Jahre jüngere Melville war auch ein Bewunderer von Becker). Ebenso interessiert zeigt sich der Film am wenig glamourösen und gelegentlich sogar spießbürgerlich wirkenden Alltag seiner Protagonisten. Die Abende verbringen sie meist in den Bistros und Nachtclubs rund um den Place Pigalle, das traditionelle Zentrum der Pariser Halb- und Unterwelt. Doch Max hat längst die Freude daran verloren, er sieht keinen Sinn mehr darin, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, und er sehnt den seiner Meinung nach wohlverdienten Ruhestand herbei. In der Szene in Max' Geheimwohnung kann man ausgiebig dabei zusehen, wie Max das Abendessen serviert, seinen Freund mit sorgsam gefalteter Bettwäsche, Handtuch und Schlafanzug versorgt, wie sich die beiden älteren Herren im Pyjama die Zähne putzen (auch in Melvilles erstem Genre-Film BOB LE FLAMBEUR sieht man den Titelhelden im Schlafanzug), wie Riton im Spiegel skeptisch seine Falten und Tränensäcke begutachtet. In TOUCHEZ PAS AU GRISBI wird das Verbrecherdasein (und damit der Verbrecherfilm) entmythologisiert. In den Dialogen wird reichlich Argot verwendet, der traditionelle französische Verbrecher-Slang, was auch bereits im dem Film zugrunde liegenden Roman von Albert Simonin der Fall ist (das Buch enthielt sogar ein Glossar mit den einschlägigen Ausdrücken, um die Leser nicht zu überfordern).

Josy (links) und Lola
TOUCHEZ PAS AU GRISBI punktet auch mit den reich texturierten Schwarzweißbildern, die Becker und sein Kameramann Pierre Montazel schufen. WENN ES NACHT WIRD IN PARIS spielt fast vollständig in der Nacht, deshalb ist der deutsche Titel durchaus passend, auch wenn er nichts mit dem Originaltitel (der ungefähr "Hände weg von der Beute" bedeutet) zu tun hat. - Die Besetzungsliste des Films klingt heute wesentlich illustrer als damals. Lino Ventura spielt seine erste Rolle überhaupt, und er stolperte eher zufällig in dieses Abenteuer. Er hatte damals überhaupt keine Absichten, Schauspieler zu werden, und Becker kann man getrost als seinen Entdecker bezeichnen. Jeanne Moreau hatte auch erst einige wenig beachtete Rollen gespielt. Und Jean Gabins Karriere war nach den grandiosen Erfolgen der 30er Jahre in den 40ern deutlich ins Stocken geraten (er hatte in diesem Jahrzehnt nur sechs oder sieben Filme gedreht), und es war TOUCHEZ PAS AU GRISBI, der ihr wieder Schubkraft verlieh. Am ehesten war damals noch Paul Frankeur ein zugkräftiger Name, aber ein echter Star war er auch nicht. Dieses Fehlen großer Namen trug dazu bei, dass der Film relativ billig war.

Unterweltgrößen unter sich
Wie ich in meiner Renoir-Reihe schon erwähnte, war Jacques Becker in den 30er Jahren regelmäßig Jean Renoirs Regieassistent. Tatsächlich war er damals Renoirs engster Mitarbeiter, ein sehr guter Freund und zeitweilig fast ein Familienmitglied. Gelegentlich spielte er in den Renoir-Filmen auch kleinere Rollen. Nach ersten bescheidenen Regieversuchen in den 30er Jahren und einem Jahr in Kriegsgefangenschaft trat er 1942 mit seinem ersten Spielfilm hervor. Die Nähe zu Renoir hat dazu geführt, dass Becker trotz Meisterwerken wie CASQUE D'OR (GOLDHELM) und LE TROU (DAS LOCH) oft als Epigone des großen Meisters abgetan wurde, vergleichbar vielleicht mit dem ein Jahr später geborenen Rudolf Jugert, der (ebenfalls zu Unrecht) oft nur als Anhängsel von Helmut Käutner betrachtet wurde. Dabei sind auch einige seiner weniger bekannten Filme sehenswert, etwa ANTOINE ET ANTOINETTE (ZWEI IN PARIS), in dem die Suche nach einem verschwundenen Lotterieschein als Aufhänger dazu dient, die Alltagsnöte eines jungen Paars in Paris liebevoll auszubreiten (dieser Film hat ESA PAREJA FELIZ, den ersten Spielfilm von Juan Antonio Bardem und Luis García Berlanga, stark beeinflusst). "Ich bin Franzose, ich mache Filme über die Franzosen, ich schaue auf die Franzosen, ich interessiere mich für die Franzosen", sagte Becker (der eine schottische Mutter hatte) einmal in einem Interview.

Hochnotpeinliche Befragung eines gefangenen Gegners (rechts jeweils Pierrot)
TOUCHEZ PAS AU GRISBI ist in den USA bei Criterion und in England (jeweils unter dem Originaltitel), in Frankreich und in einigen anderen Ländern auf DVD erschienen (aber in Deutschland wieder mal nicht). Morgen läuft er als WENN ES NACHT WIRD IN PARIS um 20:15 Uhr auf arte.

Montag, 18. November 2013

René Magritte und das Strandmonster

BLOOD BEACH („Blood Beach – Horror am Strand“)
USA 1980
Regie: Jeffrey Bloom
Darsteller: David Huffman (Harry), Marianna Hill (Catherine), Burt Young (Sergeant Royko), Otis Young (Lieutenant Piantadosi), John Saxon (Captain Pearson), Darrell Fetty (Hoagy), Stefan Gierasch (Dr. Dimitrios)



Mit JAWS schuf Steven Spielberg nicht nur einen Meilenstein des Sommer-Blockbuster-Kinos, der drei direkte Sequels nach sich zog, sondern löste auch eine ganze Welle an Filmen aus, die ähnlich gelagerte Geschichten verarbeiteten. Das betraf nicht nur Sharksploitation-Filme im engeren Sinne, sondern auch andere Horrorfilme mit Ungeheuern, die gerne Menschen in Gewässern oder am Strand verspeisen, wie zum Beispiel ORCA (1977), PIRANHA (1978) oder ALLIGATOR (1980). Zweifelsohne ist auch BLOOD BEACH ein Jawsploitation-Film und enthält auch eine kleine augenzwinkernde Hommage an JAWS 2. Dessen Tagline „Just when you thought it was safe to go back in the water...“ wird von einer der Figuren nach etwa einem Drittel des Films ausgesprochen – und mit dem Zusatz „you can‘t go to it!“ versehen.

Das hat folgenden Hintergrund: am Strand einer Gemeinde im Los Angeles-Bezirk verschwindet spurlos eine ältere Dame. Dann geht ein Hund am Strand spazieren, und wenig später wird er ohne Kopf gefunden – der wurde ihm nämlich abgerissen oder abgebissen. Die Nacht danach geht eine adrette junge Frau am Strand spazieren und wird von einem Mann sexuell angegriffen: sie kann ihn mit einem gezielten Tritt an einer empfindlichen Stelle abwehren, und als er, bereits etwas geschwächt, auf sein Opfer zukriecht, wird ihm sein bestes Stück von unten weggebissen, oder weggerissen...

Oben: Harry & Catherine; Piantadosi & Royko
Unten: Captain Pearson & Dr. Dimitrios
Der Zuschauer weiß schon nach drei Minuten, was „Sache ist“, oder zumindest annähernd: wir sehen nämlich, dass die ältere Dame einfach so vom Sand verschluckt wird. Die Figuren im Film haben hingegen am Anfang überhaupt keine Ahnung, was da eigentlich passiert. Catherine zum Beispiel, die Tochter der älteren Dame, vermutet zunächst, dass ihre Mutter nur vermisst ist. Der Küstenwächter Harry, der mit Catherine vor Jahren eine Beziehung hatte, befürchtet zu Recht, dass die Dame tot ist. Seine Freundin, eine Stewardess, verschwindet wenig später dann auch im Sand (womit einer Neuauflage der Harry-Catherine-Romanze nichts mehr im Weg steht). Harrys bester Kumpel Hoagy sieht das ganze zunächst viel lockerer, muss dann aber auch rasch seine Freundin trösten, die nach dem Vergewaltigungsversuch am Strand unter Schock steht. Die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Der überkorrekte Lieutenant Piantadosi und sein prollig-schmieriger Assistent Royko sind ziemlich hilflos und müssen dann auch rasch Schelte von ihrem Vorgesetzten Pearson einstecken, der sich nicht nur mit aufgebrachten Bürgern, sondern auch mit Tierschutzvereinen und der Handelskammer abplagen muss. Es ist der Wissenschaftler Dr. Dimitrios, der schlussendlich recht hat: ein Monster, zumindest eine nicht-bekannte Spezies, wohnt unter dem Strand und frisst ahnungslose Menschen auf. Eine Obdachlose hat möglicherweise auch einen guten Durchblick, aber das ist nicht sicher: sie ist permanent so übel gelaunt, dass sie kaum etwas verständliches von sich gibt und ist zudem wahrscheinlich auch leicht verrückt.

Ein B-Monster-Film nach Schema F also? Bei meiner Erstsichtung vor einem Jahr hat mich BLOOD BEACH von Beginn an absolut fasziniert, und relativ schnell wurde auch klar, warum. Nun, bei der erneuten Sichtung, ergibt der Anfangsverdacht noch wesentlich mehr Sinn. Das auffälligste an dem Film ist zweifelsohne sein bizarrer Look, der einem sehr eigenwilligen Einsatz von Licht geschuldet ist. Dieses ist ständig sehr diffus gefilmt, und wenn direkte Lichtquellen es in den Blickfeld der Kamera schaffen, dann verschwimmen große Teile des Bilds zu einer fast schon abstrakten Farbkomposition. Dieser exzessive Mangel an Kontrast, wenn das so richtig formuliert ist, findet seinen Höhepunkt nach knapp zwei Dritteln Laufzeit in einem wunderschönen Moment, den ich aus einleuchtenden Gründen gerne als den „Magritte-Shot“ bezeichnen möchte – Harry und Catherine haben gerade ein romantisches Date, die Kamera bewegt sich dabei nach links und für knapp eine Sekunde verschwindet ihr Gesicht vollkommen im diffusen Licht der Kerzenflamme:



Und hier ist ein Bild von René Magrittes Gemälde „Le principe du plaisir“ (Das Lustprinzip) aus dem Jahre 1937:



Vom "fahlen Licht des Todes" ergriffen
Die ikonografische Ähnlichkeit ist, denke ich, augenscheinlich: der Kopf verschwand und ward zu Licht! Der Candle-Light-Dinner-Moment ist sicherlich die radikalste Umsetzung von Magrittes „Lustprinzip“, da sich hier die Lichtquelle auch räumlich vor eine Figur schleicht. Doch auch der Rest des Films strotzt nur so von „Magritte-Shots“. Immer wieder schweben Lichterpunkte über den Köpfen der Figuren. Der allererste „Magritte-Shot“ – und zwar einer, der dem späteren Candle-Light-Dinner-Moment recht ähnlich kommt – taucht gleich zu Beginn auf, als die ältere Spaziergängerin mit dem Sand kämpft, der sie verschluckt. Sind diese ganzen Lichter, die über die Figuren schweben, also ein Symbol für die diffuse Bedrohung, die von dem Strandmonster ausgeht? Wer weiß! In einer anderen Besprechung ist vom „fahlen Licht des Todes“ die Rede.

Weitere "Magritte-Shots"
Es liegt natürlich bei einem „solchen“ Film wie BLOOD BEACH (Stichwort: Wertung von 4,1 bei imdb, Stand: November 2013) auf der Hand, diese Ästhetik als nett anzusehender Kollateralschaden inszenatorischen Dilettantismus' abzutun. Auch mir ging dieser Gedanke bei der Erstsichtung durch den Kopf, und ich deutete ihn allerdings auch sogleich positiv aus: die Unfähigkeit, „normale“ Bilder zu schaffen, als künstlerische Chance. Die Zweitsichtung nährt allerdings die These, dass wir es eher mit dem bewussten Unwillen zu tun haben, „normale“ Bilder zu filmen. Die restliche inszenatorische Detailverliebtheit von BLOOD BEACH stützt diese These. So wird die Kameraführung relativ stringent der Dramaturgie angepasst. Das Monster etwa, das man bis auf die letzten wenigen Minuten gar nicht sieht, hat einen ganz eigenen Point-Of-View-Stil: eine nervöse und „suchende“ Handkamera mit Untersicht. Immer wieder werden mehr oder weniger kurze solcher „Monster-Shots“ in die Handlung montiert, teils nur für wenige Sekunden. Der Rest des Films ist in eher ruhigen und langen Einstellungen inszeniert.

Auch das „Versprechen“ anderer Filme, nämlich die Spannung dadurch zu erhöhen, dass das Monster kein Gesicht hat (heisst: nicht gezeigt wird), löst BLOOD BEACH in einem ungleich radikaleren Ausmaß ein – natürlich: sicher auch budgetbedingt. Das Ungeheuer sieht man sogar in den letzten Minuten nur als amorphe Masse auf dem Übertragungs-Bildschirm einer Infrarot-Überwachungskamera oder in mysteriösen Detailaufnahmen. Da das Monster am Schluss undefiniert bleibt, kann auch seine Bedrohung letztlich auch nicht aus der Welt geschaffen werden. Logisch: wie löst man ein Problem, wenn man nicht richtig weiß, was das Problem eigentlich ist! Das Epilog des Films führt diesen Gedanken bis in die letzte bittere und ironische Konsequenz (bei einem Arthouse-Film würde man das wohl als „offenes Ende“ bezeichnen).

Bei der Zweitsichtung ist mir nun auch aufgefallen, wie liebevoll die Figuren des Films eigentlich gezeichnet sind – zumal sie allesamt von überaus fähigen Darstellern verkörpert werden. Es sind glaubwürdige Menschen aus Fleisch und Blut (deshalb schmecken sie dem Monster wahrscheinlich auch so gut), die keine besonderen heldenhaften oder sonstige außergewöhnliche Eigenschaften besitzen. Sie unterhalten sich oft über Sachen, die nicht im engeren Sinne Drehbuch-relevant sind und deren Hintergrund nur sie selbst verstehen (was war das zum Beispiel mit der Uhr, die repariert werden soll?). Ja, die Dialoge sind oftmals auch akustisch fast unverständlich, weil die Hintergrundgeräusche zu laut sind oder die sprechende Person eine Zigarre oder einen angekauten Hotdog im Mund hat. Aber warum sollte das ein Problem sein? Nur weil die Figuren sprechen, müssen wir sie nicht die ganze Zeit wörtlich begreifen, um sie menschlich zu verstehen. Geradezu akribisch zeigt sie der Film, und irgendwo kann man auch Mitleid mit ihnen bekommen: sie sind alle "nur" normale Menschen, und daher umso hilfloser gegenüber der Gefahr, der sie am Strand begegnen müssen. Da gibt es keinen Held, der energisch durchgreift und zupackt. Wo könnte man denn auch „zupacken“? Das macht BLOOD BEACH in einem klassischen dramaturgischen Sinne ziemlich sperrig, aber gerade auch diese Eigenwilligkeit macht den Reiz des Films aus.

Höchst interessant sind auch die zahlreichen Musik(er)-Einlagen, die dramaturgisch nicht viel Sinn ergeben, aber die lebendige Textur des Films stark verdichten. Immer wieder sind Straßen-Musiker im Bild zu sehen: ein Saxofonist am frühen morgen, ein Mundharmonika-Spieler zur Mittagspause, ein Violinist zum Sonnenuntergang. Auch ein Drehorgelspieler taucht immer wieder auf, jedoch nicht im Bild (man hört nur seine Musik im Hintergrund). Und schließlich ist Hoagy selbst auch Musiker in seiner Freizeit: er singt Duette mit seiner Freundin. Mit ihr hat er auch eine Band (beide singen, er haut noch auf einem Umhänge-Keyboard in die Tasten), die des Abends ab und zu in einer kleinen Hafenspelunke spielt. Was gespielt wird, vermittelt in einer solchen Umgebung sicherlich mehr Lebensfreude als ästhetische Stilsicherheit. Es ist allerdings auch im positiven Sinne überraschend, wie sich die Figuren eine kleine Pause von ihren Alltagssorgen nehmen (zum Beispiel vom Problem, dass ein Monster am Strand Menschen auffrisst). Da wirkt auch ein Umhänge-Keyboard plötzlich herzerwärmend. Die extradiegetische Musik weiß durchaus in einem klassischeren Sinne zu faszinieren. Das Hauptthema erinnert, sicherlich bewusst, an John Williams' JAWS-Thema, unbewusst auch an John Carpenters minimalistische Soundtracks, weiß aber durchaus eigene Akzente zu setzen.

À propos John Carpenter: BLOOD BEACH ist produktionstechnisch ein Independent-Film. Er wurde 1981 von der Vertriebsfirma „The Jerry Gross Organization“ in einer relativ geringen Kopienzahl in die US-Kinos herausgebracht. Ein Jahr später folgte eine zweite Runde, diesmal im Vertrieb der „Compass International Pictures“, die drei Jahre zuvor auch Carpenters HALLOWEEN in die Kinos gebracht hatte und wenig später aufgelöst wurde.

Blutiger Geister-Strand
Die Verbindung zu John Carpenter besteht übrigens auch durch den Kameramann Steven Poster. 1986 war er Second Unit-Kameramann bei STARMAN und BIG TROUBLE IN LITTLE CHINA. Als solcher Mann der „zweiten Reihe“ arbeitete er mit anderen berühmten Regisseuren zusammen, etwa mit – hier wiederum die JAWS-Connection – Steven Spielberg (CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND), Ridley Scott (BLADE RUNNER), Brian De Palma (MISSION TO MARS) und M. Night Shyamalan (UNBREAKABLE). BLOOD BEACH war Posters erstes Engagement als „director of photography“ bei einem Spielfilm. Als solcher wirkte er später an solch unterschiedlichen Werken wie LIFE STINKS oder DONNIE DARKO mit und war 2002 für ein Jahr Präsident der „American Society of Cinematographers“.

Von Steven Spielberg über John Carpenter bis Mel Brooks: da gehört Jeffrey Bloom zu den eher obskureren Filmemachern, mit denen der Erschaffer der „Magritte-Shots“ zusammen gearbeitet hat. Bloom, Jahrgang 1945, war angeblich in seiner Kindheit in den 1950er Jahren Mitglied einer tourenden Magier-Truppe und drehte mit BLOOD BEACH seinen dritten von nur insgesamt vier Kino-Filmen. In den 1980er und frühen 1990er Jahren inszenierte er Filme in allen möglichen Genres (von Melodrama bis Sci-Fi) für das Fernsehen, betätigte sich aber vor allen Dingen als Drehbuchautor. Auch dies tat er hauptsächlich für das Fernsehen, und schrieb unter anderem das Drehbuch für drei Folgen von COLUMBO. In den 1990er Jahren kehrte er dem Filmbusiness den Rücken und betätigt sich seither als professioneller Fotograf. Wer seine Fotografen-Website besucht, wird sehen, dass eine ganze Rubrik („all creatures“) Tieren gewidmet ist, und zwar hauptsächlich Hunden. Bloom scheint ein ausgesprochener Hundeliebhaber zu sein. Sein erster Film DOGPOUND SHUFFLE, für das er wie für alle seiner vier Kinofilme als Regisseur auch das Drehbuch schrieb, handelt von einem Obdachlosen, der sich auf die Suche nach seinem verlorenen Hund begibt. Wenn also in BLOOD BEACH einem solchen Vierbeiner der Kopf abgebissen wird, so ist das Tier in diesem Licht durchaus als ernsthaftes Opfer zu sehen, und nicht als reines plot-treibendes MacGuffin.

Aber es ist ja nur ein Film: dem Hund ging es am Set bestimmt ganz gut. Im realen Leben tragischer hingegen verlief das weitere Schicksal des BLOOD BEACH-Hauptdarstellers, TV-Stars und Theater-Schauspielers David Huffman: im Februar 1985 ertappte er in San Diego in flagranti einen Wohnwagen-Einbrecher, der ihn daraufhin erstach. Huffman verstarb mit nur 39 Jahren.




BLOOD BEACH ist in Deutschland, Kanada und den USA auf DVD erschienen. Gemäß imdb hat der Film ein Bildformat von 1.85:1. Auf der deutschen DVD befindet sich allerdings nur eine Version in 1.33:1-Vollbild. Es scheint aber auch keinerlei andere Veröffentlichung zu geben, die den Film im 1.85:1-Format enthält. Es ist natürlich möglich, dass BLOOD BEACH nach dem open matte-Prinzip gedreht wurde, also im 1.33:1-Format, und später bei Kinoprojektionen Bildareale oben und unten zugedeckt wurden. Letzteres halte ich aber für eher unwahrscheinlich. Es könnten natürlich auch für alle Heimauswertungen Teile des Films links und rechts beschnitten worden sein (auch wenn die meisten Bilder des Films meiner Meinung nach "vollständig" aussehen). Oder imdb hat sich geirrt (dort hat dieser eigentlich großartige Film ja auch nur eine Bewertung von 4,1!).
An der deutschen DVD gibt es, bis auf mangelnde Untertitel, nicht viel zu mäkeln.

Montag, 11. November 2013

Hollywood, Jean Renoir, die Nazis und das FBI

THIS LAND IS MINE (DIES IST MEIN LAND)
USA 1943
Regie: Jean Renoir
Darsteller: Charles Laughton (Albert Lory), Maureen O'Hara (Louise Martin), Walter Slezak (Major von Keller), George Sanders (George Lambert), Kent Smith (Paul Martin), Una O'Connor (Emma Lory), Philip Merivale (Prof. Sorel)

"Renoir hat viel Talent, aber er ist keiner von uns." (Darryl F. Zanuck)

Die meines Wissens einzige Quelle für dieses Zitat des Chefs von 20th Century Fox ist Renoirs 1974 erschienene Autobiographie Ma vie et mes films, deshalb ist nicht ganz sicher, ob es authentisch ist - aber wahr ist es auf jeden Fall. Renoir besaß unbestreitbar viel Talent, aber er passte nicht nach Hollywood. Es lag nicht am Land: Renoir fühlte sich in den USA durchaus wohl, er behielt zeitlebens seinen Hauptwohnsitz in Beverly Hills, und 1946 wurde er sogar amerikanischer Staatsbürger. Aber das Studiosystem mit seinen Hierarchien und seinen formalisierten Arbeitsabläufen vertrug sich nicht mit Renoirs bisher gewohnter freier und familiärer Arbeitsweise. Schon nach seinem ersten Hollywoodfilm, dem für 20th Century Fox gedrehten SWAMP WATER, wurde der eigentlich über zwei Filme geschlossene Vertrag vorzeitig aufgelöst (Renoir revanchierte sich, indem er Zanuck dafür dankte, dass er "für 16th Century Fox" arbeiten durfte). Danach begann Renoir für Universal mit THE AMAZING MRS. HOLLIDAY, aber nach 47 Drehtagen wurde er wegen seines angeblich zu langsamen Tempos gefeuert, und der Produzent des Films, der Roman- und Drehbuchautor Bruce Manning, übernahm (es blieb seine einzige Regie). Das von Renoir gedrehte Material blieb zum größten Teil im Film, aber Manning bekam die Credits allein. Dann folgte mit THIS LAND IS MINE Renoirs nach offizieller Zählung zweiter Hollywoodfilm, diesmal für RKO. Ich weiß nicht, ob es auch dabei zu Querelen kam, aber RKO ist immerhin das einzige Studio, für das Renoir noch einen zweiten Film machte. THIS LAND IS MINE war an der Kasse erfolgreich, so dass 1944 eine einstündige Radioversion nachgeschoben wurde, in der Charles Laughton und Maureen O'Hara ihre Rollen wiederholten. Um die Reihe kurz abzuschließen: 1944 drehte Renoir für das Office of War Information (OWI) den halbstündigen Instruktions- und Propagandafilm SALUTE TO FRANCE, der amerikanische Soldaten kulturell auf ihren Einsatz in Frankreich vorbereiten sollte (die Musik dazu stammte von Kurt Weill). Die nächsten beiden Filme, THE SOUTHERNER und THE DIARY OF A CHAMBERMAID, wurden von Mini-Studios bzw. unabhängigen Produzenten finanziert (bei THE SOUTHERNER gehörten dazu Robert und Raymond Hakim, die bereits Renoirs LA BÊTE HUMAINE produziert hatten), den Vertrieb übernahm jeweils United Artists. Schließlich folgte 1947 noch THE WOMAN ON THE BEACH, jetzt wieder für RKO. Hier besaß Renoir zunächst einige Freiheiten, aber nach schlecht verlaufenen Previews wurde er zu größeren Änderungen gezwungen, und die Kontrolle über die Postproduction wurde ihm vollständig entzogen. Renoir haderte damit, was RKO da anstellte, und er wurde gegen eine Abfindung wieder einmal vorzeitig aus einem Vertrag entlassen. Damit war Renoirs berufliche Liaison mit Hollywood beendet. Seinen nächsten Film drehte er in Indien - aber das ist eine andere Geschichte.

Die Wehrmacht rückt ein
Doch nun zu THIS LAND IS MINE. Der Film spielt in einem Land, das unverkennbar das von den Nazis besetzte Frankreich ist, aber nicht so bezeichnet wird. Um dem Film eine gewisse universelle Note zu geben, ist der Schauplatz laut Schriftzug am Anfang "irgendwo in Europa", und um das noch zu unterstreichen, tragen alle Protagonisten (außer den Deutschen) keine rein französischen Namen, sondern solche, die auch in ein englischsprachiges Land passen würden. Albert Lory ist ein nicht mehr ganz junger Lehrer am Gymnasium einer Kleinstadt, in die gerade die Wehrmacht eingerückt ist, und er ist ein ziemlicher Hasenfuß. Bei einem Luftangriff macht er sich im Luftschutzkeller der Schule fast in die Hosen, so dass er den letzten Respekt seiner minderjährigen Schüler verliert, die ihm ohnehin schon auf der Nase herumtanzen. Zudem steht Albert unter der Fuchtel seiner ebenso dominanten wie schrulligen Mutter Emma. Und er ist heimlich in seine schöne Kollegin Louise Martin verliebt, wagt aber nicht, ihr oder sonst jemandem etwas davon zu gestehen. Louise ist auch bereits mit George Lambert verlobt, einem Direktor bei der Eisenbahn am Ort. Anders als die meisten Einwohner, steht der konservative George der Okkupation nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, und entsprechend zwiespältig ist sein Verhältnis zu Major von Keller, dem neuen Militärkommandanten des Bezirks. Dieser Major ist eine interessante, um nicht zu sagen faszinierende Figur, die von Walter Slezak perfekt verkörpert wird. Von Keller optimiert rational den Einsatz von Gewalt auf Nützlichkeitserwägungen hin. Kollaborateure sind ihm lieber als tote Widerstandskämpfer, die zu Märtyrern werden, und so vertuscht er am Anfang einen Sabotageakt gegen die Eisenbahn als Unfall, weil er sonst Geiseln nehmen und im Fall, dass die Schuldigen nicht gestellt werden, die Geiseln hinrichten lassen müsste, was ihm zu diesem Zeitpunkt kontraproduktiv erscheint. Als aber später bei einem Anschlag deutsche Soldaten getötet werden, lässt er ungerührt zehn Gefangene erschießen. Von Keller ist auch ein Freund und Kenner klassischer Kultur: Er zitiert Shakespeare, und in einem Flugblatt der Widerstandsbewegung erkennt er in einer Textstelle ein Zitat von Tacitus. Zugleich verrät ihm diese Stelle den geistigen Urheber des Flugblatts, nämlich Professor Sorel, den Direktor von Alberts Schule. Major von Keller bildet mit seiner Mischung von Intelligenz, Zynismus und kultivierten Umgangsformen einen wohltuenden Kontrast zu den Operetten-Nazis, die allzuviele Hollywoodfilme (auch nach 1945) bevölkerten - jene Mischung aus Bestien und Trotteln, die von den Helden mit etwas Gewitzheit und Wagemut regelmäßig übertölpelt werden, wie Major Strasser in CASABLANCA oder "Konzentrationslager-Ehrhardt" in TO BE OR NOT TO BE. Major von Keller lässt sich nicht übertölpeln. Am Ende wird er sein Ziel nicht erreichen, aber das kostet einen hohen Preis.

Albert Lory und seine Mutter
Louises Bruder Paul Martin ist Mitglied der Widerstandsgruppe, und er ist es, der mit einer Handgranate den tödlichen Anschlag auf die Soldaten ausführte. Unter den Geiseln, die daraufhin genommen werden, befindet sich auch Albert Lory. Seine Mutter, die Paul bei seiner Flucht nach dem Anschlag beobachtet hat, versucht erfolglos, Albert wieder frei zu bekommen, und sie gerät dabei so in Rage, dass sie schließlich George Lambert gegenüber den Schuldigen verrät. George gibt, halb freiwillig und halb vom Major unter Druck gesetzt, sein Wissen an den mit den Nazis kollaborierenden Bürgermeister weiter, und so landet die Information schließlich bei Major von Keller. Albert wird wieder auf freien Fuß gesetzt, dagegen kann sich Paul zwar seiner Verhaftung entziehen, wird aber auf der Flucht erschossen. Als Albert von den Umständen von Pauls Tod erfährt, will er blindwütig George umbringen, doch dieser hat sich aufgrund seiner Schuld inzwischen selbst erschossen, auch weil er vom Major weiter unter Druck gesetzt wurde, nun auch seine Verlobte Louise auszuspionieren, um weitere Widerstandskämpfer zu enttarnen. Albert wird bei der Leiche von George ertappt, für seinen Mörder gehalten und angeklagt. Bei seiner Verteidigung sagt er Dinge, die die Zuhörer gegen die Besatzer aufbringen könnten, deshalb sucht ihn von Keller in seiner Zelle auf und bietet einen Kuhhandel an: Ein garantierter Freispruch, wenn er im weiteren Verlauf der Verhandlung den Mund hält. Albert ist nicht abgeneigt, darauf einzugehen, doch der Major begeht einen Fehler: Am nächsten Morgen kann Albert von seiner Zelle aus mitverfolgen, wie die zehn Gefangenen erschossen werden, darunter der von ihm überaus geschätzte Professor Sorel. Nun lässt Albert alle Rücksicht fahren, läuft zu großer Form auf und hält im Prozess eine eindrucksvolle Rede gegen Faschismus, Besatzung und Kollaboration - die ihn sehr wahrscheinlich das Leben kosten wird.

Major von Keller
Der propagandistische Zweck von THIS LAND IS MINE lässt sich nicht verhehlen, ist aber über weite Strecken dezent genug verpackt, um nicht zu stören - nur gelegentlich wird es allzu didaktisch oder pathetisch. So sind etwa die Kollaborateure, in Person von George Lambert und Bürgermeister Manville, keine Schurken, sondern sie tun aus ihrer subjektiven Sicht das Richtige, um größeren Schaden abzuwenden, und der Film nimmt sich die Zeit, um argumentativ darzulegen, warum sie letzlich doch nicht richtig liegen. Dass dabei dann manchmal doch etwas dick aufgetragen wird, sollte man einem Ende 1942 gedrehten Film nachsehen, vor allem, wenn man andere zeitgenössische Hollywoodfilme mit Nazi-Thematik zum Vergleich heranzieht. Renoir, der gemeinsam mit Dudley Nichols auch das Drehbuch schrieb, wusste zweifellos besser über Deutschland und die Nazis bescheid als die allermeisten Autoren, Regisseure und Produzenten in Hollywood. Mehr gestört als die gelegentlich sich verselbständigende Botschaft hat mich die Figur von Alberts Mutter. Una O'Connor ist in der Rolle für den comic relief zuständig, wirkt dabei aber eine Nummer zu überkandidelt. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen. - Trotz des interessanten Major von Keller ist Charles Laughton das eindeutige Zentrum des Films. Vor allem mit seiner Mimik und Körpersprache, aber auch mit seiner geschliffenen Sprechweise (bei einer eigentlich wenig eindrucksvollen Stimme) beherrscht er jede Szene. Man muss solche "Großschauspieler" wie Emil Jannings, Heinrich George oder eben Laughton nicht unbedingt lieben, man kann ihren Stil für etwas altmodisch halten, aber jedenfalls beherrschte Laughton die Klaviatur perfekt, und hier durfte er sie auch voll ausspielen (so wie das in den 30er Jahren etwa auch Michel Simon durfte). Auch Maureen O'Hara als immer aufrechte Lehrerin, Kent Smith als ihr draufgängerischer Bruder und George Sanders in seiner ambivalenten Rolle bieten solide Leistungen, aber neben Laughton ist für mich Walter Slezak das darstellerische Highlight. - Obwohl die Künstlichkeit des Set Design regelmäßig durchscheint, wird es wirkungsvoll in Szene gesetzt, und die gelungene Kameraarbeit tut ein Übriges, um aus THIS LAND IS MINE einen interessanten Film zu machen (freilich ohne Renoirs frühere Höhenflüge bezüglich deep focus cinematography oder langer Kamerafahrten zu erreichen oder auch nur anzustreben).

Der Bürgermeister (links) und Professor Sorel
Lange herrschte die Ansicht, Renoir habe seine linken politischen Ansichten der 30er Jahre im amerikanischen Exil schnell und gründlich hinter sich gelassen. Diese Entwicklung hatte sich scheinbar schon in Frankreich angedeutet: Nach den politisch aufgeladenen Filmen LE CRIME DE MONSIEUR LANGE, LA VIE EST À NOUS und LA MARSEILLAISE folgten mit LA BÊTE HUMAINE und LA RÈGLE DU JEU zwei Filme, bei denen nichts mehr davon zu spüren war. Allgemein wurde Renoirs Desillusionierung nach dem Scheitern der Volksfrontregierung dafür verantwortlich gemacht. Freilich hatte Renoir auch schon in seiner politischen Hochphase mit PARTIE DE CAMPAGNE und LES BAS-FONDS ganz unpolitische Filme gemacht. THIS LAND IS MINE war natürlich in einem gewissen Sinn ein politischer Film, aber das konnte man als eine Art von Pflichterfüllung abhaken. Insgesamt schien Renoir in Hollywood ziemlich unpolitisch geworden zu sein, auch wenn er weiter Freundschaften mit Linken pflegte, und seine eigenen Aussagen nach dem Krieg (und das, was er in seiner Autobiographie nicht sagte) bestärkten dieses Bild. Doch seit den 1990er Jahren weiß man, dass das so nicht ganz stimmt. Zutage gefördert hat diese Erkenntnisse der kanadische Filmhistoriker und Renoir-Experte Chris Faulkner. Anfang der 90er Jahre richtete Faulkner gemäß dem Freedom of Information Act eine Renoir betreffende Anfrage an das FBI, ohne genau zu wissen, was er sich dabei eigentlich erhoffte. Faulkner wusste nicht einmal, ob er als kanadischer Bürger überhaupt berechtigt war, das US-amerikanische Informationsfreiheitsgesetz in Anspruch zu nehmen. Doch nach zwei Jahren, als er die Anfrage längst abgehakt und vergessen hatte, bekam er Post vom FBI mit ca. 80 Seiten an kopierten Akten, und im Verlauf mehrerer Jahre kamen einige weitere Umschläge mit entsprechendem Inhalt, ergänzt durch einige Dokumente des Außen- und des Marineministeriums. Es gab keine Hauptakte über Renoir, er war also nie das eigentliche Ziel einer FBI-Ermittlung. Doch bei nicht weniger als 95 anderen Ermittlungen (vielleicht sollte man besser sagen "Bespitzelungen") geriet auch Renoir ins Visier, und es wurden entsprechende Akten angelegt. 1998 hatte Faulkner schließlich fast alle Akten vor sich, zusammen 261 Seiten, allerdings viele mit geschwärzten Stellen.

George Lambert mit dem Major
Und daraus ergaben sich interessante Einsichten. So unterstützte Renoir in den 40er Jahren ideell und auch finanziell Organisationen wie die People's Educational Association, die League of American Writers und das Joint Anti-Fascist Refugee Committee, die vom amerikanischen Justizministerium damals als "subversiv" und als heimliche Frontorganisationen der amerikanischen Kommunistischen Partei bezeichnet wurden. Natürlich darf man solche Einschätzungen nicht für bare Münze nehmen, aber mehr oder weniger links waren diese Gruppen schon. Das Joint Anti-Fascist Refugee Committee wurde in den Hearings des Kongressausschusses für "unamerikanische Umtriebe" (HUAC) auch regelmäßig als "von Juden gesteuert" bezeichnet (die antikommunistische Hexenjagd der McCarthy-Ära besaß auch eine stark antisemitische Note). Renoir war von 1941 bis mindestens 1948 aktives Mitglied dieser Organisation und hatte darin zeitweise sogar Führungspositionen inne. In einer dieser Positionen war Philip Merivale sein Vorgänger, der Darsteller von Professor Sorel in THIS LAND IS MINE. Renoir war auch Mitglied im National Council of American-Soviet Friendship (und er machte dadurch Bekanntschaft mit Michail Kalatosow, der zeitweise sowjetischer Kulturattaché in Los Angeles war). Am 16. November 1943 veranstaltete dieses National Council of American-Soviet Friendship im Shrine Auditorium in Los Angeles eine Versammlung mit kulturellem Unterhaltungsprogramm zum Gedenken an den 10. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen der UdSSR und den USA. Und kein anderer als Renoir inszenierte als Zeremonienmeister diese politische Bühnenshow, die seitdem in Vergessenheit geriet und erst durch die FBI-Akten wieder ans Tageslicht kam. Die bekanntesten Mitwirkenden neben Renoir waren laut einem in den Akten befindlichen Programm Walter Huston, Edward G. Robinson, Dooley Wilson (der Pianist Sam aus CASABLANCA) und Olivia de Havilland. Art Director bei dieser Veranstaltung war Eugène Lourié, der auch bei drei von Renoirs französischen Filmen der 30er Jahre, bei drei seiner Hollywoodfilme (einschl. THIS LAND IS MINE) und dann noch bei THE RIVER Renoirs Art Director oder Production Designer war.

Spektakuläre Flucht nach dem Anschlag
Hier kann man einen ausführlichen Bericht von Faulkner über seine Anfrage beim FBI und die dadurch gezeitigten Ergebnisse sowie eingeschoben einige Reflexionen über die Rolle der FBI-Akten als eine Art von Gedächtnis und Archiv lesen. THIS LAND IS MINE handelt nicht nur von direkter faschistischer Oppression, sondern auch von Denunziation, Antisemitismus und der Abschaffung gewerkschaftlicher Rechte. Im Licht der Erkenntnisse über Renoirs fortdauerndes politisches Interesse kann man den Film nicht nur als Bericht über Vorgänge im fernen Europa verstehen, sondern er besitzt auch Relevanz für die damalige Gegenwart (und die unmittelbar bevorstehende Zukunft der McCarthy-Zeit) der USA. Das hat auch das FBI erkannt: In den Akten wird auch THIS LAND IS MINE als subversiv bezeichnet. - THIS LAND IS MINE ist u.a. in den USA, England und Frankreich auf DVD erschienen.

Freitag, 1. November 2013

Der Untergang eines Hauses, Furien in New York und ein Frettchen als Gott

Drei kurze Horror-Extravaganzen aus dem älteren amerikanischen Independent- und Avantgardesektor

THE FALL OF THE HOUSE OF USHER
USA 1928
Regie: J.S. Watson, Jr. und Melville Webber
Darsteller: Herbert Stern (Roderick Usher), Hildegarde Watson (Madeline Usher), Melville Webber (der Besucher)



THE FALL OF THE HOUSE OF USHER ist eine von gleich zwei ungewöhnlichen Verfilmungen von Edgar Allan Poes bekannter Erzählung, die 1928 erschienen (die andere ist LA CHUTE DE LA MAISON USHER von Jean Epstein). Während Epstein den Stoff in einer guten Stunde ausbreitet, ist die Handlung bei Watson und Webber fast bis zur Abstraktion reduziert und stilisiert, eine gewisse Grundkenntnis der Geschichte wird also beim Zuschauer vorausgesetzt. Dr. James Sibley Watson, Jr. (1894-1982) und Melville Folsom Webber (1896-1947) studierten gleichzeitig (1913-16 bzw. 1917) in Harvard, aber sie lernten sich erst kennen, als sie sich 1926 in Watsons Heimatstadt Rochester im Staat New York über den Weg liefen. Watson entstammte einer alteingesessenen Familie in Rochester, und er war der Erbe eines üppigen Vermögens, das sich aus der Telegraphen- und Finanzdienstleistungsfirma Western Union speiste. Er studierte Medizin, aber praktizierte nicht als Arzt (und hatte das wohl auch von vornherein nicht vor). 1919, während er noch in New York sein Medizinstudium abschloss, kaufte er zusammen mit einem anderen gut betuchten Harvard-Absolventen das damals schon altehrwürdige Literaturmagazin The Dial, das Ralph Waldo Emerson mit einigen Mitstreitern 1840 gegründet hatte, und er fungierte bis zur Einstellung des Magazins 1929 als Verleger und schrieb gelegentlich auch Beiträge darin. Webber war Kunsthistoriker und Archäologe, und er betätigte sich auch als Maler und Poet. Nach seinem freiwilligen Wehrdienst im 1. Weltkrieg verbrachte er mit Hilfe eines Stipendiums einige Zeit in Frankreich und Italien, wo er mittelalterliche Fresken studierte. Neben dem unübersehbaren Einfluss des deutschen Expressionismus gibt es noch eine weniger offensichtliche Quelle für die Bildsprache von USHER (und LOT IN SODOM), nämlich die Fresken von Tavant in Frankreich, die Webber untersucht und über die er 1925 eine Abhandlung veröffentlicht hatte. Als er Watson traf, war Webber Assistenzprofessor für Kunstgeschichte an der Universität Rochester und Mitarbeiter eines dortigen Kunstmuseums. Watson begann sich Mitte der 20er Jahre für Film zu interessieren, und er kaufte sich eine professionelle 35mm-Studiokamera. Zunächst drehte er in Zusammenarbeit mit einem Chirurgen einige medizinische Lehrfilme von Operationen, dann machte Webber 1926 den Vorschlag, gemeinsam Poes Text zu verfilmen. Aufgrund der anderweitigen Verpflichtungen von Watson und Webber dauerte die Arbeit an THE FALL OF THE HOUSE OF USHER fast zwei Jahre. Als improvisiertes Studio diente ein leerstehender Stall. Zwischenzeitlich nahm Watson 1927 an einer ethnologischen Expedition zu Indianern an der kanadischen Westküste teil, um einen Film darüber zu drehen. In einem Brief von 1973, in dem er seine Filme rekapitulierte, beschrieb Watson die Arbeitsteilung zwischen ihm und Webber folgendermaßen: "Camera: Watson; Scenario, costumes, and backgrounds: Webber. Direction, mainly Webber, but occasionally Watson." Darstellerin Hildegarde L. Watson war J.S. Watsons erste Frau, Herbert Stern ein befreundeter Architekt. THE FALL OF THE HOUSE OF USHER wurde als Stummfilm gedreht, erst in den 50er Jahren schrieb der mit Watson befreundete Komponist Alec Wilder, der ebenfalls aus Rochester stammte, einen Soundtrack, zu dem sich in den letzten Jahren weitere gesellten (wie der oben verwendete - den von Wilder habe ich online nicht gefunden).

In den USA gab es schon in den 20er und 30er Jahren eine sehr rege Amateurfilmbewegung mit Organisationen wie der Amateur Cinema League und dem New York City Amateur Motion Picture Club und Zeitschriften wie Amateur Movie Makers bzw. (ab 1929) Movie Makers, und in diesen Kreisen wurde THE FALL OF THE HOUSE OF USHER als herausragende Errungenschft gewürdigt. Watson schrieb einige Artikel über die Entstehung des Films, darunter einen mit dem unbescheidenen Titel The Amateur Takes Leadership, in dem er sich bewusst von Hollywood absetzt, während Webber durch die Lande reiste und die Vorführung des Films bei Wettbewerben, Festivals etc. beförderte. 1930 inszenierte Watson nach einem Script von Alec Wilder TOMATOS ANOTHER DAY, eine schräge Persiflage auf die Gestelztheit der Dialoge in manchen frühen Tonfilmen, und um 1930 herum drehte Watson dann auch einige Industriefilme, einen davon gemeinsam mit Webber. Von 1930 bis 1932 arbeiteten die beiden an ihrem zweiten Hauptwerk LOT IN SODOM, einer Interpretation der biblischen Geschichte von Sodom und Gomorrha. Watson fertigte in den 40er und 50er Jahren in Zusammenarbeit mit der Universität von Rochester zu medizinischen Lehrzwecken Röntgenfilme am lebenden Objekt, die viele Jahre lang im Einsatz waren, ansonsten ließ er die Filmerei sein und widmete sich literarischen, philanthropischen und sonstigen Interessen. Webber beteiligte sich 1934 noch an einem abstrakten Film von Mary Ellen Bute und Ted Nemeth. Schon Ende der 20er Jahre hatten sich bei ihm psychische Probleme gezeigt, und in den 30er Jahren ging es mit seiner geistigen Gesundheit bergab. Irgendwann zwischen 1937 und 1940 erlitt er einen schweren Nervenzusammenbruch, von dem er sich nicht mehr erholte. Die Jahre von 1940 bis zu seinem Tod 1947 verbrachte er in einer Heilanstalt. Watson berichtete später, dass er Webber dort mehrmals besuchte, aber von ihm nicht mehr erkannt wurde.



THE FURIES (inoffizieller Titel)
USA 1934
Regie: Slavko Vorkapich



Der aus Serbien stammende Slavko Vorkapich (eigentlich Slavoljub Vorkapić, 1894-1976) ging 1920 in die USA und fand bald Arbeit in Hollywood. 1928 drehte er mit dem aus Frankreich emigrierten Robert Florey und mit den beiden Kameramännern Paul Ivano und Gregg Toland den sarkastischen THE LIFE AND DEATH OF 9413, A HOLLYWOOD EXTRA, ebenso wie THE FALL OF THE HOUSE OF USHER ein herausragendes Beispiel des Independentfilms jener Jahre. Nach diesem Werk, das angeblich genau 97 Dollar gekostet hat, drehte er allein oder in Zusammenarbeit mit einem John Hoffman weitere avantgardistische Kurzfilme, und später betätigte er sich als Theoretiker und Lehrer in Filmklassen an kalifornischen und jugoslawischen Hochschulen. Am bekanntesten (innerhalb der Filmindustrie - beim breiten Publikum kannte ihn niemand) wurde er jedoch als Großmeister der Montagezunft. Bei alten Hollywoodfilmen wurden zur gerafften Überbrückung längerer Zeiträume sowie für Vorspänne, Trailer etc. oft Montagesequenzen eingesetzt, in denen mit schnellen Schnittfolgen, mehrfachen Überblendungen, Prismeneffekten, eingeblendeten Zeitungsschlagzeilen usw. ohne Dialoge gearbeitet wurde. Diese Sequenzen wurden üblicherweise nicht von den Regisseuren der Filme inszeniert, sondern von spezialisierten Montageabteilungen, die es bei allen größeren Studios gab. Nur selten gelang diesen Spezialisten der Schritt in die erste Reihe - das bekannteste Beispiel war sicher Don Siegel, der in den 30er und frühen 40er Jahren der Leiter der Montageabteilung bei Warner Brothers war. Und Vorkapich war nun, wie schon angedeutet, zu seiner Zeit der unbestrittene Meister dieses Metiers - so sehr, dass "Vorkapich" zeitweise als Synonym für solche Montagesequenzen benutzt wurde. Bei den Sequenzen, die er für rund 25 Filme von Paramount, RKO und MGM anfertigte, besaß er große kreative Freiheit, doch wurden die Szenen, die dann tatsächlich in den Film eingefügt wurden, von den Studios oft noch erheblich zusammengestutzt. Aber zum Glück bewahrte Vorkapich Kopien seiner eigenen Versionen in seinem Privatarchiv auf. Die knapp drei Minuten Film, die heute unter dem Titel THE FURIES firmieren, entstanden 1934 als Teil des Vorspanns von CRIME WITHOUT PASSION, den Ben Hecht und Charles MacArthur (sowie ungenannt der Kameramann Lee Garmes) für Paramount inszenierten.



SREDNI VASHTAR BY SAKI
USA 1940/1959
Regie: David Bradley
Darsteller: Reny Kidd (Conradin), Mrs. Herbert Hyde (Mrs. de Ropp), Lester Luther (Dr. Luther), Lucielle Powell (Matilda), David Bradley (Sprecher)



"Saki" war der pen name des schottischen Journalisten und Schriftstellers Hector Hugh Munro (1870-1916), und die böse Moritat vom kränklichen Conradin, seiner verhassten erwachsenen Cousine Mrs. de Ropp und dem zum Gott erhobenen Frettchen "Sredni Vashtar" erschien 1911 in der Kurzgeschichtensammlung The Chronicles of Clovis. Bradleys gesprochener Text hält sich weitgehend, aber nicht vollständig, an die Vorlage - hier kann man Sakis kompletten Text anhören und gleichzeitig mitlesen. David Shedd Bradley (1920-1997) aus Illinois drehte schon als Jugendlicher seit Mitte der 30er Jahre diverse Amateurfilme. Die Darsteller in SREDNI VASHTAR BY SAKI kamen von der Theater-Abteilung des Art Institute of Chicago, wo Bradley damals ein Jahr verbrachte. Reny Kidd hatte zuvor schon in Bradleys MARLEY'S GHOST (1939) und OLIVER TWIST (1940) mitgespielt. Zunächst als Stummfilm gedreht, ging Bradley erst 1959 an die Vertonung von SREDNI VASHTAR, wobei er alle Rollen selbst sprach, was einen eigentümlichen Reiz besitzt, auch wenn es nicht immer wirklich überzeugend klingt. Wenn die IMDb Recht hat, dann war Bradleys Film die erste Umsetzung von Sakis Geschichte, der dann im Lauf der Jahre noch etliche weitere folgten.

Bradleys nächstes Projekt war noch deutlich ambitionierter: Eine Verfilmung in Spielfilmlänge von Henrik Ibsens "Peer Gynt", zur gleichnamigen Musik von Edvard Grieg, wieder mit Amateur- und semiprofessionellen Schauspielern. Die Titelrolle spielte ein 17-jähriger Jüngling namens Charlton Heston. Nach seinem Wehrdienst und nach Abschluss seines Studiums an der Northwestern University in Evanston bei Chicago drehte Bradley 1950 JULIUS CAESAR nach dem Stück von Shakespeare, und Heston, jetzt in seiner zweiten Filmrolle, war auch wieder dabei. Sowohl für Bradley als auch für Heston war JULIUS CAESAR die Eintrittskarte für Hollywood, allerdings hatte letzterer dort ungleich mehr Erfolg. Bradley bekam einen Vertrag bei MGM, konnte dort aber nur einen Film mit dem Titel TALK ABOUT A STRANGER realisieren. Danach folgten noch drei Low-Budget-Filme für kleinere Studios. Der letzte davon, THE MADMEN OF MANDORAS von 1963, wurde Jahre später ohne Bradleys Zutun durch neu gedrehte Szenen ergänzt und dadurch zum Trash-Klassiker THEY SAVED HITLER'S BRAIN ausgebaut. Bradley war ein begeisterter Sammler von seltenen und obskuren Filmen. Neben und nach seiner Laufbahn als Regisseur hielt er Filmvorlesungen in Los Angeles und Santa Monica. Auch wenn er damit sein Auskommen fand, muss man ihn wohl als vergeudetes Talent bezeichnen.


Alle drei hier vorgestellten Filme gibt es auch auf DVDs, teilweise auf mehreren. Insbesondere sind alle im 7-DVD-Set "Unseen Cinema. Early American Avant-Garde Film 1894-1941" enthalten (ebenso wie LOT IN SODOM, TOMATOS ANOTHER DAY, THE LIFE AND DEATH OF 9413, weitere Vorkapich-Montagen und ein Ausschnitt aus PEER GYNT) - für Liebhaber des amerikanischen Independent- und Avantgardefilms eine unverzichtbare Box, auch wenn beileibe nicht alles darauf wirklich als Avantgarde zu bezeichnen ist.

Montag, 21. Oktober 2013

Die Leinwand beißt nicht... oder vielleicht doch?



Jedes Mal, wenn ich ins Kino gehe, fühle ich mich ein bisschen wie ein Freak. Im Kinosaal scheinen mich ganze Welten von meinen Co-Zuschauern zu trennen – oft aber mindestens drei Sitzreihen! Was damit zusammenhängt, dass ich gerne in der ersten oder zweiten Reihe Platz nehme. Wie kommt es?
Mut zur Leinwand-Nähe hat mir ein guter Freund inspiriert, mit dem ich vor einigen Jahren regelmäßig ins Kino ging. Er faselte immer etwas von wegen „Kino-Cinemascope-Erlebnis genießen“... Dieser Freund wohnt nun leider nicht mehr in der selben Stadt. Mittlerweile  ist er auch von diesem Mut zur Leinwand-Nähe abgerückt, präferiert wieder hintere Sitzreihen und pflegt einen manchmal etwas bizarren „genau in der Mitte sitzen“-Fetischismus. Das ist schade, denn er hatte recht: der beste Platz im Kino ist ganz weit vorne! Und hiermit will ich gerne verkünden, warum das so ist.
Doch bevor ich meine zehn ultimativen Argumente dafür vorbringe, soll natürlich auch die Gegenseite eine Stimme bekommen. Hier also erst einmal drei Schattenseiten des Leinwand-nahen Kinogenusses.

1 Der Gobelin des Cinephilen
Jede Leinwand ist natürlich einzigartig: von der Größe, von der Projektionsqualität, von der Wölbung... und von der Textur! Denn manch eine Projektionsfläche sieht bei kurzer Sichtdistanz so aus, als hätte sie ein besonders fleißiger Textilarbeiter mit fingerdickem Garn gestrickt oder gehäkelt. Gerade bei hellen Flächen ist dann mehr von der groben Leinwandstruktur zu sehen als vom Film selbst. Das kann dann durchaus ein Grund sein, um eine oder zwei Reihen weiter nach hinten zu rücken. Denn selbstverständlich ist ein Kino keine Teppichhandwerks-Ausstellung.

2 Der Angriff der Killer-Pixel
Im Zeitalter des digitalen Kinos ist die scharfe Auflösung des 35-Milimeter-Films durch kantige, mehr oder weniger große Pixel ersetzt worden. Qualitätsschwankungen sind dabei in den ersten Reihen um so deutlicher zu sehen, manchmal im positiven, öfter allerdings im negativen Sinne. Denn die Attacken, die angriffslustige Killer-Pixel bei schlechten oder mittelmäßigen DCP-Projektionen ausführen, sind aus der Nähe umso tödlicher. Die Kombination aus grobstrukturierter Leinwand und schlechter Digital-Projektion ist selbstredend eine kleine Kino-Apokalypse.

3 Go puke, dogma-style, oder: Die Melancholia der motion sickness
Wackel-Wackel-Reißschwenk-Schnitt-Wackel-Wackel-Schnitt-Reißschwenk-Wackel-Wackel-Schnitt-Wackel-Wackel-Schnitt-Wackel-Reißschwenk-Wackel-Schnitt und so weiter... Manch ein Film ist in einer vorderen Sitzreihe nicht nur anstrengend, sondern kann auch leicht übelkeiterregend wirken. Und in der zweiten Reihe zu sitzen, um sich in die erste Reihe zu übergeben, gehört sich natürlich nicht!

Wie geht man mit diesen Problemen also um? Was Punkt 1 betrifft, so kennt der fleißige Kinogänger irgendwann einmal jene Kino-Säle, die dieses Problem haben und kann dann entsprechend abwägen. Zum dritten Punkt lässt sich nur sagen, dass man ja beim nächsten Lars Von Trier-Film besser aufpassen kann, welcher Sitzplatz ausgewählt wird. Und Punkt 2: na ja... was lässt sich hier (noch) groß machen? Außer zu hoffen, dass es eine gute „Kopie“ sein wird (oder besser: eine richtige Kopie)?

Doch nunmehr in großen Schritten zum Herzstück meines Plädoyers!


10 Gründe,

warum man im Kino in größter Nähe zur Leinwand sitzen sollte:


1 Vom domestizierten Bildschirm zur entfesselten Leinwand... und wieder zurück?
Könnt ihr euch noch erinnern: damals, als die Eltern einen anwiesen, im Wohnzimmer nicht zu nahe am Fernseh-Bildschirm zu sitzen (irgendwas von wegen fünf Mal Diagonale), sonst bestünde die Gefahr, dass die Augen eckig werden? Und wie das einen geärgert hat, weil man „nah“ am Geschehen sein wollte? Im postpubertären Zeitalter scheint sich diese Elternweisheit bei manch einem Zuschauer nicht nur beim TV-Schauen durchgesetzt zu haben, sondern auch im Kino. Doch Kino ist nicht Fernsehen. Das Fernsehen ist üblicherweise ein Medium in einem privaten und (fast) vollkommen kontrollierbaren Raum (Licht, Temperatur etc.), über den der Zuschauer absolute Kontrolle ausüben kann (zappen, leiser, lauter, heller, dunkler, Ton aus, abschalten). Das Kino hingegen ist ein öffentlicher Raum, der sich dem individuellen Zuschauer fast vollkommen jeglicher (zumindest unmittelbaren) Kontrolle entzieht. Klingt irgendwie „negativ“, aber das soll vor allem den Gegensatz zwischen dem domestizierten Bildschirm und der entfesselten Leinwand deutlich machen. Der TV-Zuschauer kontrolliert den Bildschirm, der Kino-Zuschauer wird von der Leinwand kontrolliert. Letzteres ist in einem cinephilen Sinne eine im Grunde sehr romantische Vorstellung. Warum sich also hinten setzen? Um durch Distanz die Leinwand zumindest ansatzweise besser kontrollieren zu können? Um sie implizit zu einem Bildschirm zu „machen“? Sehen eigentlich viele Zuschauer Kino als größere und eventreichere Form von Fernsehen?

2 In der Ersten sieht man besser
Filme leben bekanntermaßen von kleinen visuellen Details, die nicht immer penetrant in den Vordergrund gestellt werden, sondern manchmal nur in der Peripherie des Bildraumes zu sehen sind. Und Details haben es ja meistens an sich, dass man sie aus der Nähe erst sieht. Daher besteht die berechtigte Vermutung, dass sie ab einer bestimmten Sitzreihe verloren gehen müssen, weil man sie einfach nicht mehr erkennt. Der Film muss dann doch gezwungenermaßen viel von seinem Potential verlieren. Daher stellt sich die Frage, inwiefern Zuschauer, die hintere Sitzplätze bevorzugen, „nur“ eine Geschichte erzählt bekommen wollen? Das ist natürlich nur ein Aspekt des Komplexes „Nähe und Sehen“ (sieh gleich die Punkte 5, 6 und 10).

3 Der Geschmack von Press-Schenkeln
Es ist anzunehmen, dass der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück beim Kinobesuch nicht nur in den vorderen, sondern am liebsten wohl in der allerersten Reihe sitzt: denn da gibt es üblicherweise die Sitze mit der größten Beinfreiheit! Denn nichts ist so anstrengend, ermüdend und nervend, als zwei bis drei Stunden lang mit angewinkelten Beinen in einer verkrampften Position sitzen zu müssen. Und hier haben die „sympathischen“ Programmkinos tatsächlich oft das Nachsehen gegenüber den „bösen“ Multiplex-Kinos. In letzteren kann man oft relativ unabhängig von der Sitzwahl die Beine ausstrecken. Selbstverständlich kann man das auch in Sitzen tun, die ganz am Rand einer Reihe sind, da allerdings nur asymmetrisch. Und natürlich ist die letzte Reihe in vielen Kinosälen noch ein Stückchen vom Rest der vorderen Sitze abgetrennt und ermöglicht eine Beinfreiheit wie in der ersten Reihe, aber hier verweise ich gerne auf die Punkte 1 und 2 sowie 4 bis 10.
Für mich ist Beinfreiheit nicht nur ein Komfort, sondern auch aus sehr persönlichen Gründen wichtig: eine alte Verletzung am rechten Knie aus den unseligen Zeiten des schulischen Sportunterrichts macht sich noch heute unangenehm bemerkbar, wenn ich längere Zeit mit stark angewinkelten Beinen sitze. Das Unbehagen geht erst weg, wenn ich das rechte Bein ganz ausstrecken kann.

4 Der König lümmelt – lang lümmele der König!
Auch wenn Kinos vielleicht Ähnlichkeit mit Kirchen haben können, so sind sie eines garantiert nicht: nämlich preußische Militärakademien. Man muss im Kino nicht wie ein „I“ sitzen! Außer natürlich, wenn man in einem Projektionssaal mit relativ ebenem Boden weit hinten sitzt. Ansonsten ist es sehr empfehlenswert, sich in den Sessel rein zu schmiegen. Sich fallen zu lassen in den Sitz. Das Gesäß ruhig ein bisschen in Richtung Sitzrand zu positionieren. Kurz: eine vielleicht nicht sehr elegante, dafür aber sehr bequeme Lümmelstellung einzunehmen. Das ist nicht nur wesentlich gemütlicher, als wie ein „I“ zu sitzen, sondern fördert auch den Blick nach oben auf die Leinwand (im Gegensatz zum TV- oder Computerbildschirm, der in der Regel den Blick auf „Augenhöhe“ oder nach unten fördert). Zudem ist sie auch die ideale Position für die vorderen Sitzreihen, während die Zuschauer in den hinteren Sitzreihen tatsächlich mit „I“-Sitzpositionen oder gar gebeugten Stellungen vorlieb nehmen müssen. Ist ja logisch! Wer in vorderen Sitzreihen in „I“-Stellung sitzt, wird wohl nur das untere Viertel der Leinwand richtig sehen und wer ganz hinten sitzt und lümmelt, wird die Möglichkeit bekommen, ausführlich die Decke des Saals zu studieren.
Die Lümmelstellung setzt natürlich gewisse Minimalforderungen an die Sitzkonstruktionen: bei Holzklappsitzen und Sesseln mit „Sparsitzflächen“ geht das natürlich nicht.

5 Der Unterblick für die Untertitel, oder: Der Filmvorführer ist kein Ophtalmologe
In Deutschland dürfte dürfte dies wohl eines der schwächsten Argumente meiner Liste sein, da die überwiegende Mehrheit der Filme hierzulande eh synchronisiert projiziert werden. Im Zeitalter des digitalen Kinos (das übrigens erfreulicherweise eine Öffnung zu mehr OV- und OmU-Vorführungen bewirkt hat) gibt es auch weniger Probleme mit „verwaschenen“ Untertiteln.
Allerdings muss ab einer gewissen Sitz-Distanz zur Leinwand die Sichtung einer OmU-Vorführung in der Tat einem Besuch beim Augenarzt ähneln. Eines der gängigsten „Argumente“ von OmU-Gegnern lautet bekanntlich, dass das Lesen oder besser gesagt das Erfassen von Untertiteln zu anstrengend sei und man sich daher nicht auf die Bilder konzentrieren könne. Im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird dieses „Argument“ tatsächlich zum Argument, wenn der Zuschauer ganz hinten sitzt. Allerdings dürfte die Platzwahl der entsprechenden Person auch vermuten lassen, dass ihr Verhältnis zum Bild auch nicht ganz so intim ist, wie sie es gerne von sich behauptet (oder: siehe Punkte 1, 2, und 10).

6 Hübsche Frisur! Wie viel hat die gekostet?
Ich habe an und für sich nichts gegen kunstvoll aufgetürmte Frisuren. Dennoch können sie unter Umständen für andere Menschen etwas störend sein, etwa, wenn sie sich im Kino zwischen Augen und Leinwand befinden (hier besonders, wenn der Träger der Frisur eine Sitzhaltung einnimmt, die die Ausbilder in preußischen Militärakademien verzücken würden). Man kann natürlich in solchen Fällen verbal zur Lümmelstellung ermuntern, oder zur Schere greifen, wobei ich letzteres natürlich streng verurteile! Viel einfacher ist es allerdings, sich so weit vorne zu setzen, dass schon rein statistisch Träger kunstvoller Frisuren nicht in einer vorderen Sitzreihe Platz nehmen können (etwa, wenn man sich für die vorderste Reihe entscheidet).
Aber pragmatisch-schnöde Erwägungen beiseite! Wer weit vorne Platz nimmt, reduziert  massiv die Anzahl der Co-Zuschauer, die im Blickfeld hin zur Leinwand sitzen – und damit auch potentielle Ablenkungen vom Wesentlichen (dem Film). Wer ganz vorne sitzt, kann manchmal sogar der Illusion erliegen, einer Privatvorstellung beizuwohnen. Ein herrliches Gefühl!

7 Das Parkett ist die Loge des Cinephilen
À propos gekostet: in Multiplex-Kinos bzw. überhaupt in Kinos mit Sitzplatz-Nummerierung zahlt man in den ersten Reihen meist weniger. Mich soll es freuen, aber ich frage mich immer wieder, warum Leute mehr Geld bezahlen, um letztendlich ein Kino-Erlebnis zu bekommen, das sich ein bisschen wie Fernsehen anfühlt... Zumal man, wenn man schon Überlängenzuschlag, Extra-Überlängenzuschlag, Wochenendzuschlag, 3D-Zuschlag und 3D-Brillen-Gebühr bezahlt hat, auf den Logenzuschlag eigentlich auch verzichten könnte.
Die armen Kassierer im Cinestar werden weiterhin zur Sicherheit noch mal nachfragen (manchmal zwei Mal), wenn ich die zweite oder erste Sitzreihe verlange. Und dann völlig verwundert gucken, wenn ich das bestätige...
Paraphrasiertes Dialogbeispiel aus dem wahren Leben:
David: Ein mal THE WORLD‘S END, bitte. Und in welchem Kino wird der gezeigt?
Kassierer: Der läuft in Kino 4.
D [nach einem kurzen Blick auf das Sitzplatzschema]: Dann würde ich gerne in Reihe I sitzen [= zweite Reihe].
K [mit großer Selbstsicherheit vorgetragen]: Also ich bin mir ziemlich sicher, dass du eigentlich in Reihe B möchtest [= zweitletzte Reihe].
D: Nein, ich möchte in Reihe I, in die zweite Reihe!
K: Dann sitzt du aber ganz schön nahe an der Leinwand. Bist du dir sicher?
D: Ja, wirklich!
K: [druckt die Karte aus]
D: Warum wundert sich eigentlich immer jeder hier, wenn ich in einer vorderen Reihe sitzen möchte?
K: Na ja, weil das so selten nachgefragt wird. Die meisten Leute wollen hinten sitzen.
Unverständlich! Ein Zuschlag für schlechte Sitze mit weniger Film, und die meisten Zuschauer zahlen das mit Vergnügen?

8 Sofas für mehr Film
Wie gesagt: die Staffelung der Eintrittspreise nach Sitzen betrifft vor allem Multiplex-Kinos. Das vielleicht tollste Kino in Mitteldeutschland, das Lichthaus in Weimar, bietet hingegen nicht nur freie Platzwahl zu einem einheitlichen Preis an, sondern trotzdem auch individuell gestaffelte Sitzqualitäten.
Erklärung: Die ersten beiden Sitzreihen in Saal 1 und 3 bilden bequem-gemütliche Sofas und Sessel, die offensichtlich vom Sperrmüll gesammelt wurden, und das höchst nutzbringend. Klassisch-schnöde Kinoplätze (einheitliche, gepolsterte Klappsitze) gibt es ab der dritten Reihe. Diese beiden Kino-Säle verbinden also die Nähe zur Leinwand nicht nur mit einem größtenteils stark erhöhtem Komfort, sondern auch mit Sitz-Individualität: Der Lümmelkönig kann auf seinem eigenen Thron lümmeln!

9 Die Avantgarde der Cinephilie bilden?
Fakt ist: meistens sitzt kaum jemand in der ersten oder zweiten Sitzreihe. Oft befindet sich die Mehrheit der Zuschauer jenseits der fünften und sechsten Reihe. Erst wenn der Saal wirklich gerappelt voll ist, beginnen einige (offenbar notgedrungen) auch die vorderen Plätze zu belegen.
Ehrlich gesagt stand ich dem „sozialen“ Aspekt des Kinos ja schon immer sehr distanziert gegenüber. Ich gehe ins Kino, um Filme zu sehen, nicht andere Menschen. Allerhöchstens gehe ich ins Kino mit mir bekannten Menschen, mit Freunden... um mit ihnen einen Film zu schauen. In den vorderen Sitzreihen zu sitzen kommt also nicht zuletzt meinem vielleicht etwas überdurchschnittlich großen Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Distanz (besonders zu unbekannten Menschen) zu Gute.
Oder zur pragmatischen Seite der selben Medaille: die Wahrscheinlichkeit, von lästigen Unbekannten gestört zu werden, die leider im Sitz gleich daneben oder dahinter Platz genommen haben, ist tendenziell geringer, wenn man sehr weit vorne sitzt. Die gängigen Dinge, die man immer wieder liest, wenn es um unangenehme Erscheinungen im Kino geht: Sitznachbar bzw. -hintermann spricht, isst, furzt und rülpst zu laut, schaut ständig auf sein Handy, riecht so unangenehm wie seine Chips mit Käseschleim, schmeißt zu viel Popcorn um sich, tritt zu fest in den Vordersitz, stolpert auf dem Weg zum Klo ständig über einen etc. Alles Sachen, die bei einer kürzeren Distanz zur Leinwand und einer größeren Entfernung zur Publikumsmehrheit in der Loge nicht komplett verschwinden, aber doch etwas gedämpfter wahrgenommen werden.

10 Die Leinwand beißt nicht... oder vielleicht doch?
Aller potentiellen Panikmache zum Trotz: Die statistisch erfassten Verletzungs- und Todesfälle von Kinobesuchern durch Leinwand-Bisse sind zu vernachlässigen.
Aber andererseits: vielleicht sind Leinwandbisse auch nicht messbar, weil unsichtbar? Ein Blogger hat einmal in einem Kommentar (zu lesen: hier) geschrieben, dass er einen Film „atmen“ und „schmecken“ und von ihm „gefickt werden“ möchte. Und in der Tat: Filme (ob „gut“, oder „schlecht“) können uns manchmal penetrieren, uns in alle Poren drängen. Doch das muss man eben auch zulassen können, und wollen. Eine solche Intimität zu einem Film aufzubauen ist aber nunmal in einer der vordersten Reihen sehr viel einfacher, als in der hintersten Reihe.


Das waren also meine 10 Gründe. Allesamt so schwer zu widerlegen wie auch höchst persönlich (oder gerade deswegen). Denn natürlich ist die Auswahl des Sitzplatzes im Kino etwas sehr individuelles. Jeder Zuschauer darf und kann und sollte das so handhaben, wie er möchte. Wie Jean Renoir sagen würde: jeder hat seine Gründe... Sogar dieser Zuschauer mit seiner höchst skurrilen Methode der Sitzplatzwahl:


P.S.: Wer einen Horrorfilm kennt, in dem eine Killer-Leinwand ihr Unwesen treibt und nichts ahnende Kinobesucher zu Tode beißt, möge bitte den Titel bekanntgeben!

Dienstag, 15. Oktober 2013

Brillanter Walzer für zwei Killer


EL PLACER DE MATAR („Sie töten aus Lust“ / „The Pleasure Of Killing“)
Spanien 1988
Regie: Félix Rotaeta
Darsteller: Antonio Banderas (Luis), Mathieu Carrière (Andrés), Victoria Abril („La Merche“), Mario Gas (Inspektor Santana)


Eine Villa am Stadtrand. Auf dem Bürgersteig davor trainiert ein Jogger. Ein Auto fährt vor. Ein Mann in der Villa empfängt den Ankömmling, möchte ihm etwas zu trinken geben, aber das Eis fehlt. Der Gastgeber scheint Eis holen zu gehen, gibt aber den beiden Killern, die sich verstecken, nur das Signal zur Intervention: während der Jogger den Chauffeur des Hauptziels mit einem Kopfschuss tötet, erledigt ein überaus elegant gekleideter Herr den Gast – ebenso mit einem gezielten Schuss in den Kopf. Der Tote fällt etwas unglücklich gegen das Fenster, und zieht so die Aufmerksamkeit der jungen Teenager-Nachbarin auf sich, die nach einem zu weit geflogenen Tennisball sucht. Der Gastgeber, der das Mordkommando eingefädelt hat, ruft die zwei Killer auf, die Zeugin zu beseitigen. Die beiden Handlanger haben sich – so lassen ihre verwunderten Blicke ahnen – noch nie gesehen und wussten offenbar nicht vom jeweiligen Auftrag des anderen. Doch in einem Sekundenbruchteil stimmen sie sich aufeinander ab und schießen gleichzeitig. Der Gastgeber dieses makabren Empfangs warnt die beiden danach, sich am Plan zu halten und zu vergessen, dass sie sich jemals begegnet sind. Der Elegante fährt mit seinem Mercedes weg. Der Jogger joggt weg. Dazu ertönt die „Titelmusik“ des Films: eine geradezu grotesk verfremdete Fassung von Chopins fröhlicher „Grande Valse Brillante“ in E-Dur, auf einem Synthesizer so gespielt, dass es ein wenig an Drehorgel und Jahrmarkt erinnert. Mulmiges Unbehagen setzt zusammen mit den Anfang-Credits ein...

Der joggende Killer heißt Luis. Im „richtigen“ Leben (aber was heißt schon „richtiges Leben“ in EL PLACER DE MATAR?) tauscht er seine Jogging-Klamotten gegen Jeans und schwarzer Lederjacke ein. Er verdient sich sein Geld als Drogendealer im nicht ganz so noblen Viertel der Stadt, in der der Film spielt (eine ungenannte spanische Provinzstadt). Er hat eine Freundin, die sich „La Merche“ nennt und in einer Drogerie arbeitet. Der elegante Killer hingegen ist Gymnasiallehrer für Mathematik, und heißt Andrés. Er hat eine Verlobte und mit ihr im Anhang eine Schwiegerfamilie, die er auf den Tod nicht ausstehen kann, weil deren Mitglieder allesamt arrogante Neureiche sind. In deren Kreis schaut er genauso gelangweilt rein, wie wenn er am frühen Morgen im Radio die Nachrichten von seinen Morden hört.

Luis und Andrés: Skeptische Annäherungen
Eines Abends geht Andrés spazieren, und läuft, ohne ihn zu bemerken, an Luis vorbei. Der erkennt den eleganten Berufsgenossen sofort. Er folgt ihn und bedroht ihn mit einer Pistole. Andrés reagiert darauf lässig mit einer Einladung zu einem Drink in seiner Wohnung, was Luis wie selbstverständlich annimmt. Ein in sehr knappen Worten gehaltenes Gespräch entfaltet sich: zu Scharfschützen wurden beide von einem gewissen Barrantes ausgebildet, ehemals Oberst in der Armee, heute ein hohes Tier in der Polizei. Beide arbeiten kostenlos für ihn. Für beide war die Mission in der Villa der erste Auftrag. Beide halten den „Kollateralschaden“ mit dem Mädchen für ein Jammer. Allerdings weiß keiner, welchen Zweck der Auftrag eigentlich hatte. Trotzdem verabreden sie sich zum gemeinsamen Übungsschießen auf einem Gelände vor der Stadt.

Luis besorgt für Andrés eine Pistole (im Gegensatz zu seinem jüngeren Kollegen, der als Drogendealer gerne verteidigungsbereit bleibt, hat der Gymnasiallehrer seine Auftragswaffe wohl vorsorglich entsorgt). Und dann treffen sie sich in einem Brachland außerhalb der Stadt und üben gemeinsam Zielschießen auf ein Metallschild. Sie haben viel Spaß dabei. Nach einer Runde Sandwich und Jack Daniels aus dem Pappbecher machen sie noch ein bisschen weiter. Es scheint ein implizites gegenseitiges Verständnis zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Auftragskillern zu geben. Sie verabreden sich zu weiteren Schießübungen, und Andrés verspricht, zum nächsten Termin eine Zielscheibe mitzubringen, die spannender und interessanter ist, als ein schnödes Metallschild. Gesagt getan... Zum nächsten Schützentreffen entführt Andrés seine Verlobte und gemeinsam mit Luis tötet er sie mit einem gezielten Kopfschuss. Bei einer anschließenden Dose Bier fragt Luis, ob Andrés sie gut gekannt habe: „Sie dachte, sie sei meine Verlobte“ entgegnet er – eine Antwort, die Luis offenbar wenig zu überraschen, zu beeindrucken oder zu berühren scheint.

Und so geht es weiter. Und immer weiter. Luis und Andrés treffen sich immer wieder, manchmal zum Mittagessen, manchmal zum Trinken, und zwischendurch immer wieder zu tödlichen Schießübungen: mal bringt Andrés eine seiner Schülerinnen als Zielscheibe mit, manchmal flirtet er mit Luis seine Beute auch in der Disco an, um sie später leichter entführen zu können. Derweilen macht sich seine Schwiegerfamilie Sorgen um die verschwundene Verlobte und die Polizei ermittelt auch, aber das nicht besonders effizient oder motiviert...

Harmloses Zielschießen auf ein Metallschild
Wer nun nach dieser Lektüre Verwunderung oder Befremdung empfindet, dürfte wohl nur einen Teil der Gefühle haben, die man bei der richtigen Sichtung von EL PLACER DE MATAR spürt. Denn dieser Film ist in der Tat höchst schwierig zu beschreiben, zu erklären, zu deuten, trotzdem er eine große Faszination ausübt – zumindest auf mich ausgeübt hat. Wenn man sich die zwei Protagonisten genauer anschaut, so ist festzustellen, dass sie kaum an irgendetwas Spaß haben, dass sie sich für kaum eine Sache begeistern mögen: nur beim Schießen blühen sie auf! Werden eins mit ihrer Waffe und mit sich selbst! Nicht im Sinne eines Waffenfetischismus, sondern eher in der Befriedigung, präzise anvisierte Ziele zu treffen. Offenbar haben sie nicht weniger Spaß mit einer Metallzielscheibe als mit einem menschlichen Opfer. Sie töten nicht aus Lust, sondern sie wollen zielgenau treffen: immer genau in der Mitte der Stirn. Luis und Andrés nehmen menschliche Opfer, weil die sich einfach anbieten. Und sie es können. Und sie vielleicht den Moment ihrer ersten Begegnung zelebrieren wollen, als sie gemeinsam die unerwünschte Zeugin erschossen haben: ein Moment vollkommenen, nonverbalen gegenseitigen Verständnisses, den keiner von ihnen anderswo gefunden hat. Luis findet diese Vertrautheit nicht bei seiner Freundin, und schon gar nicht bei seinen Drogendealer-Kollegen. Andrés findet sie nicht bei seiner Verlobten, geschweige denn bei deren Familie – alle scheinen ihm auf die Nerven zu gehen.

Tödliches Zielschießen auf Kneipengäste
Geht es also in EL PLACER DE MATAR tatsächlich um die „Freude des Tötens“? Eine Frage, die sich ebenso gut bejahen wie verneinen lässt. In der Tat zeigt der Film deutlich, wie banal extreme Gewalt in diesem kleinen Paralleluniversum ist, den sich Luis und Andrés schaffen: sie töten so locker, wie sie sich eine Zigarette anzünden oder an einem Drink nippen – und alle diese Dinge tun sie unzählige Male während des Films. Andererseits liefert der Film nicht den geringsten Hinweis darauf, dass die beiden Killer das Töten an sich genießen: sie befriedigen keine Tötungslust. Im umgekehrten Schluss gibt es allerdings auch keinerlei Anzeichen dafür, dass sie ihre Taten irgendwie reflektieren (oder gar Gewissenskonflikte entwickeln). Gegen Ende des Films, kurz bevor Luis und Andrés die ganze Kundschaft und Belegschaft einer Bar töten, sagt letzterer: „Alle scheinen zu denken, dass man nur töten kann, wenn man Soldat ist. Oder Polizist. Terrorist. Oder Jäger oder Psychopath. Oder wenn man dafür bezahlt wird. Aber so ist es nicht. Töten kann auch nur einfach so.“ Bis zu diesem Zeitpunkt ist klar, dass keine der Benennungen auf sie passt, und sie tatsächlich „einfach so“ Leute töten.

Soviel zum Thema Ursachen, Motivationen, Beweggründe etc. Ist der Film vielleicht eine ätzende Satire des post-franquistischen Spaniens? Geht es um eine zersplitterte, latent extrem gewalttätige Gesellschaft, in der ehemalige Soldaten aus Langeweile, aus Frustration, wahrscheinlich eher aber völlig ohne Grund auf Mordtour gehen – im Hintergrund ein dubioser Polizist, der ehemals Oberst der Armee war und irgendwie das Stein ins Rollen gebracht hat. Doch genau er, der „Gastgeber“ des makabren Empfangs im Prolog, gerät schließlich selbst in die Schusslinie seiner ehemaligen Schützlinge und wird von ihnen als Zielscheibe missbraucht. Unverkennbar ist jedoch, wie dysfunktional die Polizei dargestellt wird: die Beamten sind völlig überfordert, oder unmotiviert, oder stecken selbst unter einer Decke mit den Mördern (zumindest beim „ordentlichen“ Auftragsmord).

Andrés zwischen Langeweile bei der
Schwiegerfamilie und unbewusster Einbringung
seines "Hobbys" in den Schulunterricht.
Auch unverkennbar ist, dass EL PLACER DE MATAR „mehrere Spaniens“ in Gegensätzen zeigt: einen Konflikt zwischen den Neureichen und behördlichen Eliten auf der einen, und den prekär Beschäftigten und Kleinkriminellen auf der anderen Seite. Dieser Klassengegensatz zieht sich durch den ganzen Film und bildet auch die Spannung zwischen den beiden Killern. Es scheint kein Zufall zu sein, dass der „proletarische“ Luis am Anfang den Chauffeur tötet und der „gehoben-gebildete“ Andrés das Hauptopfer: ein Mann mit elegantem Anzug und Mantel (dessen Identität unklar bleibt und für den weiteren Verlauf des Films auch irrelevant bleibt). Nur in den gemeinsamen Morden Luis‘ und Andrés‘ wird der Gegensatz aufgehoben: für sie gibt es beim Schießen keinen Unterschied zwischen Andrés‘ Verlobten und zwei jungen Frauen, die aus schmuddeligen Clubs (die Luis gerne frequentiert) abgeschleppt werden.

Das sind allerdings alles auch eher Nebenbeobachtungen für einen Film, der sich am ehesten als schwarzhumorige Groteske beschreiben lässt. Denn EL PLACER DE MATAR scheint sich eigenwillig jeglicher politisch-sozialer Interpretation zu verwehren. Ein richtiger Thriller ist er mangels klassischer Spannung aber auch nicht. Genauso wenig ist er ein Krimi oder ein Milieudrama, denn polizeiliche Ermittlungen und die sozialen Lebenswelten der Protagonisten spielen nur eine geringe Rolle. Auch als psychologisches Drama lässt sich der spanische Film kaum bezeichnen: beide Protagonisten bleiben bis zum Schluss geradezu undurchdringlich. Sie sprechen fast nur durch ihr Handeln – im wörtlichen Sinne allerdings nur selten. Wer aufgrund des Inhalts und der Filmplakate einen Exploitationfilm erwartet, wird auch enttäuscht werden: wie der Rest des Films sind auch die tatsächlich häufigen Mordszenen mit minimalistischem Understatement inszeniert.

Ein latenter schwarzer Humor durchzieht den ganzen Film: das merkt man, wenn nach drei Morden in den ersten Minuten die Anfangscredits mit ihrer beschwingten Chopin-Walzer-Variation einsetzt. Immer wieder kippt die Atmosphäre: von düster zu beschwingt, von gewalttätig zu quickfröhlich, von beklemmt zu gelöst, von fatalistisch zu hoffnungsvoll, von melancholisch zu absurd – und wieder zurück. Manchmal aber auch alles gleichzeitig. So ist EL PLACER DE MATAR im Gegensatz zum musikalischen Leitmotiv polytonal. Jedoch hat er gewissermaßen tatsächlich die Form eines Walzers: zwei Tanzpartner drehen sich im Kreis, bewegen sich zwar, aber in keine bestimmte Richtung, und durchschreiten manchmal auch wieder die selbe Stelle im Tanzraum.

Narrativ so richtungslos wie magisch!
Diese narrative Richtungslosigkeit könnte den einen oder anderen Zuschauer vielleicht abschrecken, kann aber auch als Chance begriffen werden. Das Ende der Killerpartnerschaft erscheint nicht als deterministisch, sondern als ein zufälliger Ausgang von vielen vorangehenden Konstellationen und Momenten. Einer dieser Momente folgt direkt dem Mord an Andrés‘ Verlobten: die beiden Mörder streifen ausgelassen und entspannt durch eine Einkaufsgalerie. Luis will Zigaretten holen gehen. Auf dem Weg zum Tabakstand lässt er höflich eine junge Dame ihren Weg passieren. Nach Kauf der Glimmstängel überholt ihn dieselbe Frau, und zwinkert dabei Luis an. Dieser stellt sich vor der Vitrine eines Fernsehgeschäfts, schaut ein wenig fern, steckt sich eine Zigarette in den Mund, als erneut die junge Frau auftaucht und eine winzige Pistole zückt und auf ihn zielt. Sie drückt ab, eine Flamme erscheint, und sie zündet ihm die Zigarette an. Dann schenkt sie ihm das Feuerzeug und geht weg. Luis schmunzelt, geht einige Schritte weiter, setzt sich zu Andrés an den Tisch und schenkt ihm wiederum das Feuerzeug... Vielleicht die wunderbarste Sequenz des ganzen Films, deren lockere Nonchalance noch verstärkt wird durch die Tatsache, dass die Ermordung von Andrés‘ Verlobter ihr voranging.

Kurz: es ist sehr schwer, den Sog der Faszination, den EL PLACER DE MATAR entwickelt, adäquat zu begreifen. Der Film schein sich bewußt jeglichen Zugriffs zu verweigern, auch wenn er oberflächlich nicht besonders „schwierig“ oder gar irgendwie verkopft wirkt. Am ehesten könnte man das so beschreiben: man stelle sich vor, zwei „asoziale“ Gangster aus einem späten Melville-Film würden in das Universum eines späten Buñuel-Films eintauchen, in dem Logik, Ratio und Ursache-Wirkungs-Prinzipien keine Rolle spielen... Das ist allerdings nur eine sehr assoziative Annäherung. EL PLACER DE MATAR ist ganz und gar ein eigenes Original.

Der Regisseur, Félix Rotaeta, war von Haus aus Theater-, Fernseh- und Kinoschauspieler, Journalist, und Theaterautor. In den 1970er Jahren spielte er vor allen Dingen in TV-Serien mit. Einem mäßig breiten internationalen Publikum ist er bekannt als Darsteller in Pedro Almodóvars PEPI, LUCI, BOM Y OTRAS CHICAS DEL MONTÓN von 1980. Rotaeta war auch Schriftsteller, und mit EL PLACER DE MATAR hat er seinen eigenen Roman „Las pistolas“ verfilmt. Als Regisseur hat er nur einen Kurzfilm, ein Segment eines Episodenfilms, eine TV-Serien-Folge und einen weiteren abendfüllenden Film gedreht. 1994 ist er, gerade mal 52-jährig, in Barcelona verstorben.




Es ist der Zufall, der einem manchmal die seltsamsten Filme in die Hände spielt. Im Falle von EL PLACER DE MATAR heißt dieser Zufall luzifus von the-gaffer.de: auf mein eindringliches Flehen hin hat er mir vor mehreren Wochen seine DVD von Álex de la Iglesias PERDITA DURANGO ausgeliehen. In der Bonus-Sektion der Scheibe befinden sich nicht nur eine „Bildergalerie“ (= anamorphisch verzerrte Screenshots aus dem Film), „Hintergrundinformationen“ (= mangelhaft lektorierte Kurz-Bios zu Javier Bardem und Rosie Pérez) und eine „Trailershow“ (= Trailer zu SHALLOW GROUND und THA EASTSIDAZ), sondern tatsächlich auch: „Pleasure of Killing (Bonusfilm)“...
Daher habe ich den Film nicht gerade unter besten Bedingungen gesehen: in Synchronfassung (es gab nur die), im zwar richtigen, aber nicht anamorphischen Bildformat und in einer grausam fürchterlichen Qualität (die dadurch, dass der 90-Minuten-Film nur Beigabe zu einem 125-Minuten-Film auf einer einzigen Scheibe ist, nicht gerade besser wird). Die Screenshots bezeugen auch letzteres.
Glaubt man den Kommentaren bei ofdb, so sind auch die „richtigen“ DVD-Editionen dieses Films nicht wirklich besser, was Bildqualität betrifft. Und die Editionen mit der spanischen Originalversion haben keine Untertitel, dafür aber das falsche Bildformat... Und offenbar sind diese mangelhaften deutschen Veröffentlichungen die einzigen DVD-Editionen, die es gibt!
Da EL PLACER DE MATAR  entweder als schmuddeliger Actioner oder als reines Antonio-Banderas-Vehikel vermarktet wird, ist nicht vorauszusehen, dass irgendwann einmal eine richtige (ohne Anführungszeichen) DVD-Edition dieses absolut bemerkenswerten und bizarren Films kommen wird. Leider!